Geschichtliche Einleitung

Die Provence gilt als eines der am frühesten vom Menschen besiedelten Gebiete Europas. Erste hier nachgewiesene Steinwerkzeuge weisen ein Alter von 500.000 Jahren auf. Allerdings waren es von etwa vor 150.000 bis vor 40.000 Jahren Neandertaler, welche hier lebten, die danach vom modernen Menschen abgelöst wurden. In Quinson steht das größte prähistorische Museum Europas, bei Draguignan gibt es einen immerhin 4.500 Jahre alten Dolmen zu bestaunen und wen die Zeit vor den Menschen interessiert, der kann bei Castellane die hinter Plexiglas geschützten Fossilien von Seekühen erkennen und bei Digne-les-Bains einen versteinerten Ichthyosaurier, versteinerte Pflanzen, eine spektakuläre Ammonitenplatte gleich neben der Straße und im Geologischen Museum weitere Fossilien sehen.

Schon als 10jähriger war ich davon beeindruckt, dass die Griechen bereits 600 Jahre vor unserer Zeitrechnung auf der Suche nach neuen Siedlungsräumen in einem großen Teil des Mittelmeeres Kolonien und Städte wie das heutige Neapel und vor allem Massilia (Marseille) gründeten. Ab da gibt es schriftliche Überlieferungen über die Provence. Zumeist hatten die Handel treibenden Griechen friedliche Beziehungen zu den ansässigen Ligurern und den später eindringenden Kelten. An der Stirnseite des Vieux Port in Marseille ist eine Steintafel in den Boden eingelassen, die an die griechische Gründung erinnert. Auch findet man in Marseille ab und zu an offiziellen Gebäuden, Denkmälern und Brunnen Erinnerungen an die griechische Epoche.

Mit der Zeit aber wurden Ligurer und Kelten neidisch auf die reichen Griechen und machten Ärger. Die Griechen riefen die Römer zu Hilfe, die sich nicht lange bitten ließen. Für sie war es die Gelegenheit, eine Landverbindung zu den nach den Punischen Kriegen eroberten spanischen Provinzen herzustellen. Von 150 vor unserer Zeitrechnung bis ins 4. Jahrhundert setzten sich die Römer hier fest. Aus dieser Zeit gibt es auch heute noch zahlreiche Überreste, vor allem in Arles, Avignon (Musée Lapidaire), Orange, Vaison-la-Romaine, Glanum und dem Aquädukt von Roquefavour (ganz in der Nähe in Languedoc-Roussillon befinden sich noch Nimes und der Pont du Gard).

Mit der Völkerwanderung begann eine Zeit der Wirren. Schließlich setzten sich die Franken durch. Obwohl sich relativ wenige Franken hier ansiedelten, bildeten sie die Oberschicht. Die Provence besaß noch eine gewisse Eigenständigkeit. Unter anderem durch die Kreuzzüge (Mittelmeerhandel) und dem Bau und der Gründung von zahlreichen Kirchen und Klöstern (Urbarmachung von Land) erlebte die Provence im 12. Jahrhundert eine Blütezeit. Nach dem blutigen Ende der Katharer-Kriege im 13. Jahrhundert griff das französische Königtum nach dem heutigen Süden Frankreichs. Die Provence sollte es im Jahr 1481 endgültig durch Erbschaft bekommen. Bis 1480 regierte der "gute König René", der zwar spektakulär mehrere bedeutende Kriege (und damit Menschen) verlor, aber Kunst und Wissenschaft förderte. Ein Jahr darauf starb sein Nachfolger und damit fiel die Provence an Frankreich.

Zwischendrin - sowohl räumlich als auch zeitlich (von 1309 bis 1376) war das "Babylonische Exil" der Päpste in Avignon. Nach Streitereien mit den römischen Adelsgeschlechtern und starker Einflussnahme auf die Kardinäle seitens des französischen Königs wurde der Papstsitz von Rom nach Avignon verlegt, wo die Kirche Besitztümer hatte. Der Papstpalast und zahlreiche kulturelle Einrichtungen wurden gebaut, der päpstliche Hof führte eine sehr weltliche Hofhaltung mit den entsprechenden Vergnügungen und trieb Handel mit so ziemlich allem, was nur jemand haben wollte: von Ämtern über Reliquien bis hin zu Absolutionen. Schließlich überredeten Birgitta von Schweden und vor allem Katharina von Siena den Papst Gregor XI. zur Übersiedlung nach Rom. Kaum dort angekommen, starb er aber auch schon. Die Italiener wählten nun in Rom einen Nachfolger, die französischen Kardinäle in Avignon kürten jedoch einen eigenen Papst. Natürlich behaupteten beide Gruppen, ihr Papst sei der einzig rechtmäßige. Die Zeit mit Papst und Gegenpapst endete 1417 mit dem Konzil von Konstanz, aber Avignon haftet bis heute das Flair der Papststadt an. Und es ist keineswegs Düsternis und Strenge, die man bei einem "Kirchenstaat" erwarten könnte sondern eine gewisse Heiterkeit und fröhliche Betriebsamkeit, die das Papsttum zusammen mit seinen Kirchen und Palästen der Stadt hinterlassen hat.