Persepolis, die Stadt der Perser

In meinem Reisebericht über den antiken Iran hatte ich versprochen, dass der Bericht über Persepolis noch folgen wird. Hier ist er. Wir befinden uns immer noch um die Zeit des iranischen Neujahrsfestes (21.03.); mit der Folge, dass sehr viele Menschen unterwegs waren. Zu einer anderen Zeit wird's da sehr viel ruhiger zugehen.

"Dareios, der Großkönig, König der Könige, König der Völker, König der Welt, kündet: An dieser Stätte, wo diese Festung erbaut wurde, ist noch nie eine Festung erbaut worden. Durch die Gnade von Ahura Mazda habe ich diese Festung errichtet wie es die Absicht von Ahura Mazda war" (Inschrift des Dareios auf der Stützmauer der Terrasse von Persepolis)

Statt die Residenz von Kyros II. in Pasargadae zu übernehmen, gab sein Nachfolger Dareios I. um 518 vor unserer Zeitrechnung den Bau eines neuen Palastkomplexes in Auftrag. Dareios ließ Architekten, Handwerker und Materialien aus allen Teilen des Reiches kommen. Aus den gefundenen Tontäfelchen mit den umfangreichen Entlohnungslisten weiss man, dass hier keine Sklaven tätig waren, sondern durchweg bezahlte Arbeitskräfte. Auch Frauen waren hier als Kunsthandwerkerinnen und Schneiderinnen beschäftigt. Die neue Stadt Parseh nannten die Griechen Persaipolis, die Stadt der Perser.

An der Stelle der achämenidischen Stadt ist bislang keine ältere Besiedlung nachgewiesen worden, und nach ihrer Zerstörung durch das griechische Heer Alexanders des Großen 331 vor unserer Zeitrechnung wurde sie auch nicht wieder großflächig besiedelt.

Nicht nur riesige Paläste beinhaltet die von einer starken Befestigungsmauer umgebene Gesamtanlage, sondern auch Verwaltungsgebäude, Archivräume, Kasernen, Lagerräume, Wohnquartiere der Diener und Werkstätten. Die Terrasse besitzt eine Kanalisation und Frischwasserkanäle, die von einer Zisterne gespeist werden.


Von der großen Freitreppe aus führte der Weg weiter zum Tor aller Länder bzw. Völker, dem von Xerxes I. errichteten Torgebäude, in dem die Besucher registriert wurden und sich aufhielten, bis sie Einlass zum Palastgebiet bekamen.

Die westlichen und östlichen Tore sind mit großen Wächterfiguren geschmückt: geflügelte Stiere und geflügelte Stiermenschen, die deutliche Anleihen bei der assyrischen Kunst zeigen. Diese Skulpturen wurden als göttliche Wesen angesehen und hatten eine schützende und Übel abwehrende Funktion.


Tief in mein Herz geschlossen habe ich den Homa, einen Vogel aus der persischen Mythologie, der Glück und Freude schenken soll. Heute ist er das Logo der Iran Air.


Aufwändig mit Reliefs verzierte Treppen führen zur Empfangshalle hinauf. Beim Ostaufgang ist auf jeder Stufe ein Lanzen tragender Soldat der Unsterblichen Garde abgebildet, einer königlichen Elitetruppe, die stets aus 10.000 Mann bestehen musste.

Ein Löwe verbeisst sich in den Rücken eines Stieres, der sich hochaufgerichtet gegen seinen Angreifer zurückwendet.

Am nördlichen Treppenlauf sind ausschließlich Angehörige des Iranshar-Adels abgebildet, d.h. Perser, Meder und Elamier als Vertreter der Volksgruppen des achämenidischen Kernlands. Am Anfang jedes der drei Register stehen hinter einer Baumgruppe Reihen stereotyp dargestellter Lanzenträger.

In der obersten Reihe folgen dahinter die Leibdiener des Königs, die Utensilien des königlichen Haushalts tragen, unter Anderem den Prunksitz des Herrschers.

Drei Stallmeister führen Pferde herbei, und am Schluss fahren zwei Streitwagen mit elamischen Wagenlenkern.

Die nach vorn ausschreitenden Figuren stehen alle untereinander in Verbindung oder unterhalten sich.


Auf das erhöhte Niveau des Palastes des Dareios führt eine zweiläufige, ebenfalls mit Reliefs versehene Treppenanlage. Lanzenträger der Unsterblichen Garde sind an der Fassade dargestellt, an den Treppenwangen Diener, die Speisen die Stufen hinauftragen.

Der gleich daneben liegende Xerxes-Palast ist ähnlich aufgebaut.

An den Türlaibungen in der Nord- und Südwand sind Reliefs angebracht, die Dareios I. beim Betreten bzw. Verlassen des Saals darstellen. Zwei Diener halten entweder einen Sonnenschirm über den König und/oder verscheuchen mit einem Wedel Fliegen.

Weitere Reliefs mit der Darstellung des königlichen Helden im Kampf mit einem mythischen Mischwesen.


Zumindest zu zeremoniellen Anlässen, bei nationalen und religiösen Festen, weilten in Persepolis die achämenidischen Herrscher. Der höchste Feiertag war das zu Frühlingsanfang am 21. März begangene Neujahrsfest, zu dem alle Völker des Reiches ihre Vertreter mit Tributen zum König der Könige entsandten.

Auf der Südfassade der Innentreppe sind 23 Delegationen der insgesamt 28 Völkerschaften des achämenidischen Weltreichs dargestellt, wie sie am Neujahrsfest dem König ihren Tribut darbringen. Warum fünf der Völker fehlen, weiss man nicht. Betreut wird die aus drei bis neun Personen bestehende Gruppe jeweils von einem persischen oder medischen Würdenträger, der den Anführer der Abordnung an der Hand zum König geleitet. Alle dargestellten Personen bewegen sich auf den Eingang der Empfangshalle zu.

Normalerweise kann man hier schöne Fotos die ganze Treppe lang machen - aber bei dem Gewimmel und Gewusel, das bei unserer Anwesenheit los war, war das unmöglich.

Und hier kommen die (antiken) Völkerschaften:

Die Araber bringen ein Dromedar sowie ein Gewand

Die Thraker bringen Waffen sowie ein Pferd

Die Sagartier bringen ein Pferd sowie eine Reitertracht

Die Baktrer bringen Becher, Schalen und ein Kamel

Die Elamer bringen Bogen und Dolche sowie eine Löwin mit zwei Jungen. Die Löwin ist das einzige abgebildete weibliche Wesen in Persepolis.

Die Gandharer bringen ein Buckelrind, einen Schild sowie fünf Lanzen

Die Skythen bringen ein Pferd, Armreifen sowie eine Reitertracht

Die Assyrer bringen Kleidung, Schalen, eine Tierhaut sowie zwei Widder

Die Babylonier bringen ein Buckelrind sowie Schalen und ein Gewand

Die Armenier bringen ein Pferd sowie eine Amphore

Die Arachosier bringen Metallschalen und -becher sowie ein Kamel

Die Ionier bringen Stoffe, Wollknäuel und Schalen

Die Kappadokier bringen ein Pferd sowie eine Reitertracht

Lyder bringen Krüge aus Edelmetall, Schalen, goldene Armreifen sowie ein Pferdegespann mit Wagen


Im Osten der Terrassenanlage liegen auf einer Anhöhe die Felsengräber von Artaxerxes II. und Artaxerxes III. Beide Gräber sind leer. Letzteres wurde zudem niemals vollendet – ebenso wie das weiter südlich in den Fels geschlagene Grab, das wohl für Dareios III. bestimmt war. Lohnenswert ist der Aufstieg zum Grab von Artaxerxes II. – auch wegen des herrlichen Blicks, den man von hier auf die gesamte Anlage hat.

In seiner Ausführung ist das Grab von Artaxerxes II. dem Felsengrab von Dareios in Naqsh-e Rostam nachempfunden. Die kreuzförmige Fassade zeigt den König vor einem Feueraltar; sein Thron wird von den Vertretern aller Völker des Reiches getragen. Über der Szene schwebt das geflügelte Sonnensymbol von Ahura Mazda, auf der rechten Seite ist auch der Mond dargestellt. Eingerahmt wird die Szene von persischen und medischen Würdenträgern sowie Soldaten der Unsterblichen Garde.